Nur ein Problem galt es vor dem Aufbruch nach Italien noch zu lösen: Clays panische Flugangst. David Remnick berichtet in seiner Ali-Biografie "King Of The World", dass Joe Martin vier Stunden brauchte, um seinen Schützling davon zu überzeugen, dass es nach Rom keine Zugverbindung gab.

Also fügte sich Cassius und bestieg das Flugzeug nach Rom - nicht ohne jedoch vorher einen persönlich gekauften Fallschirm angelegt zu haben, den er auf dem ganzen Flug trug.

Kaum war er jedoch im olympischen Dorf angekommen, fing er an zu prahlen, welch glorreiche Zukunft ihm bestimmt sei. Obwohl dies bei einigen amerikanischen Sportlern nicht gut ankam, da sie sich in den Hintergrund gedrängt fühlten, zog Clay durch sein extrovertiertes Benehmen Journalisten und Sportler gleichermaßen in seinen Bann.

Auch sportlich lief es rund. Nach Siegen gegen den belgischen, russischen und australischen Vertreter, trat Clay im Finale gegen den Polen Zbiginiew Piertrzkowski an, der bereits über zweihundert Kämpfe hinter sich hatte. Nach anfänglichen Schwierigkeiten richtete Clay seinen Gegner übel zu und gewann einstimmig nach Punkten.

Bei seiner Rückkehr in die USA wurde der frischgebackene Goldmedaillengewinner - die Medaille hatte er sich um den Hals gehängt - begeistert empfangen. Auch einige namhafte Trainer hatten sich angeboten, Clay als Schwergewichts-Profi zu trainieren, so z.B. Archie Moore, Ray Robinson oder Cus D'Amato.

Zunächst schloss Clay jedoch einen Vertrag mit elf Millionären ab, der sog. Lousville Sponsering Group, der ihm sofort zehntausend Dollar einbrachte und fünfzig Prozent seiner künftigen Einnahmen. Diese Gruppe vereinbarte auch Clays ersten Profikampf gegen Tunney Huntsinger, den ersterer nach Punkten gewann.

Nach seinem ersten Profi-Sieg schaute sich Clay nach einem neuen Trainer um, denn Joe Martin war von Clay senior ausgebootet worden. Clay junior fuhr nach Miami Beach zu Angelo Dundee, den er seit zwei Jahren kannte und der sich angeboten hatte, ihn zu coachen. Dundee versuchte nicht wie die anderen Trainer, die Clay schon gehabt hatte, den Stil seines Schützlings zu ändern sondern half ihm, diesen zu verbessern. In Miami bestritt er seine nächsten vier Kämpfe, die er alle vorzeitig für sich entschied.

Die erste interessante Aufgabe wartete in seinem sechzehnten Profikampf auf den emporstrebenden Boxer aus Louisville, als er am 16. November 1962 gegen den früheren Schwergewichtschampion Archie Moore antrat, der damals 48 Jahre alt war, über die Jugend triumphieren wollte und keine Chance gegen Clay hatte, der ihn, wie er es vorausgesagt hatte, in der vierten Runde k.o. schlug. Clays Angewohnheit, die K.o.-Runden vorherzusagen, wurde ein ständiger Begleiter für die Journalisten, die ihn als "Großmaul" bezeichneten aber nichts dagegen sagen konnten, solange er seine Voraussagen erfüllte.
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Dies war bei seinem Kampf gegen Doug Jones nicht der Fall. Clay gewann denkbar knapp nach Punkten. Die Zuschauer im Madison Square Garden buhten ihn aus. 1963 lernte Clay auch Drew "Bundini" Brown kennen, den er von nun an als Motivator und Pausenclown beschäftigte. Zusammen prägten sie den bekannten Spruch "Schweb' wie ein Schmetterling, stich wie eine Biene!", der Clays damaligen Stil so treffend beschreibt.
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Am Ende des Jahres 1963 hatte Clay eine eindrucksvolle Bilanz vorzuweisen: Er hatte alle seine neunzehn Profikämpfe gewonnen, nur drei davon nicht vorzeitig.

Die "Lippe von Louisville" war nun bereit, das Ziel zu erreichen, für das er seit seinem zwölften Lebensjahr gelebt hatte:

Den Weltmeistertitel im Schwergewicht.


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